Viele schämen sich, online Geschenke, Essen oder Taxis zu ordern. Und
tun es trotzdem. Das ist rational, verdrängt aber das Problem, sagt der
Philosoph Ludger Heidbrink.
Flugscham ist spätestens seit diesem Jahr ein fester Begriff bei allen,
die peinlich berührt zugeben müssen, dass sie trotz der Klimakrise schon
wieder in den Flieger steigen. Viele Menschen plagt aber auch
Digitalscham: dieses zerknirschte Gefühl, die Weihnachtsgeschenke doch
schon wieder bei Amazon bestellt zu haben, obwohl man doch um die
Berichte über die Arbeitsbedingungen in den Logistikzentren weiß.
Oder aber, weil man erneut Essen, Taxi oder andere Dienstleistungen im
Internet geordert hat – obwohl die damit verbundenen Probleme von
Arbeitnehmerrechten bis zur Nachhaltigkeit auch hier auf der Hand
liegen. Warum aber tun wir es trotzdem? Wie berechtigt sind die
Schamgefühle – und was bringen sie überhaupt?
Wir sind "Virtuosen der Verantwortungsabwehr", sagt Ludger Heidbrink,
Professor für praktische Philosophie an der Universität Kiel. Im
Gespräch mit ZEIT ONLINE seziert er, warum es durchaus rational sein
kann, online einzukaufen, mit welchen Tricks und Verrenkungen wir unser
moralisches Gewissen trotzdem beruhigen und was besser wäre als ein
Boykott digitaler Anbieter.
Digital konsumieren, blöd fühlen und dann trotzdem weitershoppen – dazu
komme es auch, wenn Konsumentinnen und Konsumenten eben nur das Gefühl
der Scham hätten, aber ihre Schuld an den Zuständen und Auswirkungen,
die ihnen da so unangenehm sind, nicht anerkennen würden. Anlass zur
Resignation ist das aber nicht: Heidbrink betont, dass die
Konsumentinnen und Konsumenten gerade im Digitalen stärker Einfluss auf
die Geschäftspraktiken der Unternehmen nehmen können. Eine solche Rolle
als demokratische Konsumentinnen und Konsumenten müsse allerdings noch
gelernt werden.
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[email protected]. Die nächste Folge
erscheint am 16. Januar.
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